Theaterstück „Feindberührung 2.0“ in den Berufsbildenden Schulen Verden

Intoleranz und Fremdenhass

Kreiszeitung Verden 13.4. 2013

Verden - VERDEN · Das hannoversche Theater in der List hat mit dem Zwei-Personen-Stück „Feindberührung 2.0“ an den Berufsbildenden Schulen Verden rund 250 Zuschauer unterschiedlicher Nationalitäten begeistert. In dem Stück werden die Themen virtuelle und reale Gewalt, Intoleranz und Fremdenhass in jugendlicher Sprache thematisiert.

 

Ein wenig verschreckt schauten die Schüler schon, als Ben mit einer Waffe auf sie zielte. Mit der Waffe in der Hand ist Ben der King, wenn auch nur dem Anschein nach. „Ich finde es toll, dass so viele gekommen und wir quasi ausverkauft sind“, so Reinhard Witt, stellvertretender Schulleiter und Vorsitzender des Fördervereins der BBS, der die Schulvorstellung ermöglicht hat.

Bereits vor zwei Jahren hatte das Theaterstück „Feindberührung 2.0“, das sich an Jugendliche ab Jahrgangsstufe 8 richtet, als Projekt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover in Zusammenarbeit mit dem Theater in der List Premiere und wird seitdem landesweit vor allem an Schulen und bei Kirchengemeinden aufgeführt. Es erzählt von der Begegnung zwischen dem „Counter Strike“-süchtigen Schüler Ben (Tim Schaller) und dem bosnischen Hausmeister Herr Baris (Willi Schüler). Und es geht um Respektlosigkeit, Fremdenhass, Gewaltverherrlichung und um virtuelle Kriegswelten.

Zu Beginn der Begegnung dieser ungleichen Menschen herrscht folglich eine überaus aggressive Stimmung und aus dem PC-Raum, wo sich Ben mit seinem Computer herumplagt, sind üble Schimpftiraden und Flüche in Fäkalsprache zu vernehmen. Das weckt Baris Interesse, doch Ben weist den „sch... Ausländer“ ab. Aber langsam kommen sich die anscheinend so gegensätzlichen Menschen näher und stellen sogar fest, dass sie beide italienische Vorfahren haben. Bei Ben ist es die Großmutter, bei Baris ein Elternteil. Und es bleibt längst nicht bei dieser einen Gemeinsamkeit.

Beide haben ihr ganz persönliches Trauma erlebt und unterschiedliche Gewalterfahrungen gemacht. So hat Baris in Notwehr im Bosnienkrieg fünf Soldaten getötet, die seine Familie umgebracht haben. Ben glorifiziert die Tat als Vergeltungsakt und kann Baris Leiden darüber zunächst überhaupt nicht nachvollziehen. Erst als Baris ihm eine Waffe hinhält und ihn ermuntert, sich an dem Messerstecher, der zuvor Ben schwer verletzt hat, zu rächen und einen Amoklauf zu begehen, erkennt der Jugendliche, dass seine Auffassung von Sühne die falsche ist. · nie


(c) Klaus Kohn
(c) Klaus Kohn

Zeilensprung (Zeitung in Bad Münder) vom 23.2.2011


Schon nach wenigen Augenblicken war klar, dieses Stück trifft den Nerv der jungen Zuschauer. Die hatten eben noch einem abwechslungsreichen Theaterspektakel am Vormittag entgegen gelärmt und waren Momente später mittendrin in der „Feindberührung 2.0“, einem emotionalen Lehrstück über die Faszination von realer und virtueller Gewalt und dem komplizierten Weg zum alltäglichen Frieden. (...)„Wir kommen dabei ohne erhobenen Zeigefinger aus“, erklärte Schlüter. Und Tim Schaller, der als Ben durch eine Messerattacke ein Auge verloren hat und deshalb seinen Traum Profi-Fußballer bei 96 zu werden begraben musste, lieferte eine rundum glänzende schauspielerische Leistung ab. Der junge Schauspieler, der eigentlich aus dem Clowns-Fach kommt, beeindruckte in der Aula der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Schule durch seine zielgruppengerechte Tonlage ebenso wie durch sein ausdrucksstarkes Spiel. Das Gespräch der beiden drehte sich um persönliche Verletzlichkeiten, um einen fragwürdigen Ehrbegriff, um traumatische Erlebnisse, um zerstört geglaubte Lebensträume, thematisierte Verständnisschwierigkeiten und stellte falsche oder zu einfache Lösungswege zur Diskussion. Da stellte Ben etwa fest: „Ich spiele Tetris und werfe doch hinterher auch keine Steine von der Brücke“. So was blieb haften, brachte die jungen Zuschauer ans Nachdenken.


Tim Schaller  Willi Schlüter (c) Klaus Kohn
Tim Schaller Willi Schlüter (c) Klaus Kohn

Hannoversche Allgemeine Zeitung 19.02.2011

Theaterstück in Hannover

 

 

 

 

Reale und virtuelle Gewalt treffen bei „Feindberührung 2.0“ aufeinander

Auf der Bühne gegen Gewalt an Schulen: An der Integrierten Gesamtschule Vahrenheide/Sahlkamp feiert das Theaterstück „Feindberührung 2.0“ Premiere. In der Inszenierung dreht sich alles um Gewalt - auf realer und virtueller Ebene. 

Spätestens seit den Amokläufen in Erfurt oder Winnenden kommt niemand mehr umhin, über das Thema Gewalt an Schulen nachzudenken. Doch häufig fällt es schwer, den richtigen Ansatz zu finden.

Eine neue Offensive gegen Gewalt feierte am Freitag Premiere. Das Theaterstück „Feindberührung 2.0“ fand in den Schülern der Integrierten Gesamtschule (IGS) Vahrenheide/Sahlkamp ein begeistertes Publikum. Der Premierenort ist dabei eine bewusste Wahl: „Wir gehen offensiv mit dem Thema Gewalt um“, sagt der IGS-Schulleiter Wilm Janssen. Für alle Schulen sei es vor allem wichtig, nicht wegzuschauen.

Die Inszenierung von Tim von Kietzell hat sich das Hinschauen zur Aufgabe gemacht und befasst sich mit sämtlichen Facetten der Gewalt. Ob auf realer oder virtueller Ebene, auch Fremdenhass wird zum Thema. Im Mittelpunkt steht Ben (Tim Schaller), ein abweisender, aggressiver Schüler, dessen Welt zusammenbricht, sobald sein Computer ausgeknipst wird.

Sein anfänglicher Gegenspieler ist Herr Baris (Willi Schlüter), der bosnische Hausmeister der Schule, der nichts für Egoshooter-Spiele übrig hat. Er glaubt, dass sich hinter jedem Computerspieler ein potenzieller Amokläufer verbirgt. Ben erklärt dem Mann genervt: „Ich schieße doch nicht auf Menschen. Da ballern doch nur Pixelhaufen auf Pixelhaufen.“ Baris hat im realen Krieg andere Erfahrungen gemacht. 1993 verlor er in Bosnien seine Familie: „Und das waren keine Pixelhaufen.“ Zwei Welten prallen aufeinander, die sich im Zuge ihrer Auseinandersetzung jedoch einander annähern und voneinander lernen.

Dabei kommt die Inszenierung ohne erhobenen Zeigefinger aus. „Dieses Theaterstück soll lediglich impulsgebend sein“, sagt von Kietzell. Bei den Schülern kommt die Inszenierung gut an: „Ich finde beide Schauspieler klasse“, sagt die 16-jährige Aylin Lök. Tim von Kietzell macht gerne Theater für Schulen und Schüler: „Die Jugendlichen sind so authentisch“, sagt der Regisseur.

Das Theaterstück, das niedersachsenweit an Schulen gespielt wird, ist bereits die vierte Zusammenarbeit der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover mit dem Theater in der List. „Feindberührung 2.0“ richtet sich an Jugendliche ab der achten Klasse und kann niedersachsenweit von allen Schulen und Kirchengemeinden gebucht werden. Hinweise zur Buchung gibt es im auf der Homepage der Kirchlichen Dienste.